Das Ende einer Affäre

An einem Sommerabend in Paris sahen Hugh und ich uns im Kino Das Ende einer Affäre an, Neil Jordans Verfilmung von Graham Greenes Roman Ich hatte Mühe, die Augen offen zu halten, weil ich müde war und mich der Film nicht sonderlich fesselte. Hugh hatte Mühe, die Augen offen zu halten, weil sie beinahe komplett zugeschwollen waren. Er heulte von Anfang bis Ende, und als wir aus dem Kino kamen, war er vollständig ausgetrocknet. Ich fragte, ob er immer bei Komödien weine, und er warf mir vor, gefühlskalt zu sein, einen Vorwurf, den ich in gehässig abgemildert sehen möchte.

Rückblickend hätte ich besser von vornherein darauf verzichten sollen, mit Hugh in einen Liebesfilm zu gehen. Solche Filme sind immer gefährlich, da anders als beim Kampf gegen Aliens oder der geheimen Jagd nach einem Serienkiller die meisten Erwachsenen zu irgendeinem Zeitpunkt ihres Lebens schon einmal verliebt gewesen sind.

Das Thema ist weithin bekannt und ermuntert den Zuschauer zu einer Reihe ungesunder Vergleiche, die letztlich in der Frage gipfeln »Warum kann es bei uns nicht so sein?« Es ist ein Fass, das man besser verschlossen halten sollte, und die anhaltende Popularität von Vampir-Epen und überdrehten Karatefilmen hat damit zu tun, dass die Leute genau das tun.

Das Ende einer Affäre ließ mich wie ein widerliches Ekelpaket erscheinen. Das unersättliche Paar wurde von Ralph Fiennes und Julianne Moore gespielt, die nichts anderes taten, als übereinander herzufallen. Ihre Liebe war verboten und zum Scheitern verurteilt, und selbst wenn rundherum die Bomben fielen, leuchteten ihre Gesichter. Der Film war ziemlich intellektuell, sodass ich einigermaßen überrascht war, als der Regisseur einen altbekannten Trick einsetzte, den man aus Fernsehfilmen unter der Woche kennt: Alles steht bestens, und dann muss einer der Hauptdarsteller husten oder niesen, was bedeutet, dass er oder sie innerhalb der nächsten zwanzig Minuten sterben wird. Es wäre etwas anderes gewesen, wenn Julianne Moore plötzlich aus den Augen geblutet hätte, aber sie husten zu lassen war ziemlich billig. Hugh schossen sofort die Tränen in die Augen. Als ich daraufhin ebenfalls hustete, boxte er mich in die Schulter und sagte, ich solle ein paar Plätze weiter rücken. »Ich kann’s nicht erwarten, bis sie stirbt«, flüsterte ich. Ich weiß nicht, ob es an ihrem blendenden Aussehen oder an ihrer Leidenschaft lag, jedenfalls regte mich irgendetwas an Julianne Moore und Ralph Fiennes fürchterlich auf.

Ich bin nicht so gefühllos, wie Hugh mir unterstellt, aber wenn man über zehn Jahre zusammen ist, ändert sich so einiges. Es gibt nur wenige Filme über langjährige Partnerschaften, und das aus gutem Grund: Unser Leben ist langweilig. Am Anfang hatte unsere Beziehung ihre besonderen Momente, doch inzwischen läuft der wenig überraschende Teil II, für den kein vernünftiger Mensch Geld ausgeben würde. (»Wow, sie machen ihre Stromrechnung auf!«) Hugh und ich sind jetzt so lange zusammen, dass wir handgreiflich werden müssen, um außerordentliche Leidenschaft zu erleben. Einmal schlug er mir mit einem zerbrochenen Weinglas auf den Hinterkopf, und ich sank zu Boden und tat so, als sei ich bewusstlos. Das war romantisch oder wäre romantisch gewesen, wenn er sich neben mich gekniet und mir geholfen hätte, anstatt über mich hinweg zusteigen und das Kehrblech zu holen.

Man mag mich für einfallslos halten, aber ich kann mir bis heute keinen anderen Menschen vorstellen, mit dem ich lieber zusammen wäre. An unseren schlimmsten Tagen sage ich mir, dass sich alles schon wieder einrenken wird. Ansonsten denke ich nicht viel über unsere Probleme nach. Keiner von uns würde seine Zuneigung je öffentlich zeigen – es ist einfach nicht unsere Art. Wir können unserer Liebe allenfalls durch Handpuppen Ausdruck verleihen, und wir setzen uns auch nie hin und diskutieren unsere Beziehung. Ich bin darüber sehr froh. Hugh war es auch, bis er diesen verdammten Film sah und daran erinnert wurde, dass ihm noch andere Möglichkeiten offen stehen.

Der Film war um zehn zu Ende, und anschließend gingen wir in ein kleines Café gegenüber vom Luxembourg. Ich wollte den Film so schnell wie möglich vergessen, aber Hugh stand noch ganz unter seinem Eindruck. Er machte ein Gesicht, als sei sein Leben nicht nur an ihm vorübergegangen, sondern habe vorher noch angehalten und ihm ins Gesicht gespuckt. Als der Kaffee kam, schniefte er in eine Serviette, und ich ermunterte ihn, die Dinge von der leichten Seite zu nehmen: »Hör zu«, sagte ich, »wir leben vielleicht nicht in London zu Kriegszeiten, aber was gelegentliche Bombendrohungen angeht, kommt Paris gleich an zweiter Stelle. Wir mögen beide gebratenen Speck und Countrymusic, was willst du mehr?«

Was er mehr wollte? Es war eine unglaublich dumme Frage, und als er keine Antwort gab, ging mir auf, wie groß mein Glück tatsächlich ist. Auf der Leinwand verfolgen sich die Liebenden durch dichten Nebel oder müssen aus brennenden Gebäuden fliehen, aber das ist etwas für Anfänger. Echte Liebe besteht darin, die Wahrheit für sich zu behalten, selbst dann,

wenn man praktisch dazu aufgefordert wird, die Gefühle des anderen zu verletzen. Ich wollte etwas in dieser Richtung sagen, aber meine Handpuppen lagen zu Hause in der Schublade. Stattdessen rückte ich mit meinem Stuhl etwas näher, und wir saßen schweigend an unserem kleinen Tisch mitten auf dem Platz, für alle Welt das Bild eines sich liebenden Paares.